„Schritt für Schritt in die Freiheit“ – Mein Tag auf der NA-Convention in Dresden

Der Tag begann mit Zweifeln.

Soll ich wirklich zur Convention fahren? Oder ist heute einfach nicht der richtige Tag?

Dann klingelte das Telefon. Mein  Sponsor rief an – ich freute mich, dachte, er will mir sagen, dass er schon auf dem Weg ist. Aber stattdessen sagte er kurzfristig ab. Das hat mich traurig gemacht. Ich stand da, das Herz ein bisschen schwer, und dachte: „Dann bleib ich eben zu Hause.“

Aber irgendetwas in mir sagte: „Komm, geh los.“

Ich packte meine Sachen, fuhr zum Bahnhof – und wurde dort erneut auf die Probe gestellt. Der Zug war brechend voll. Ich stand da und überlegte: „Ist das jetzt ein Zeichen? Sollte ich vielleicht zurück?“ Doch ich blieb standhaft und fuhr.

Ankommen in Dresden – und in mir

Es war mein dritter Besuch in Dresden, doch dieser war besonders.
Nicht wegen der Stadt – obwohl sie mich mit ihrer Architektur jedes Mal neu beeindruckt. Sondern wegen dem, was mich dort erwartete:
Die 39. Deutsche Convention von Narcotics Anonymous.
Das riesige Gebäude, der festliche Eingang, die majestätische Kuppel über mir…

Ich blieb stehen, atmete ein – und spürte diesen Moment.
Ein Gefühl von Würde, Geschichte, und Gemeinschaft.
Und gleichzeitig war da eine stille Nervosität in mir. Viele Gedanken. Viele Gefühle.
„Schön, dass du da bist!“ – auch wenn ich deinen Namen vergessen hab.

Plötzlich waren sie da – Menschen, die mich kannten.
Lächelnde Gesichter, herzliche Umarmungen, Begrüßungen.
Ich erinnerte mich an viele nicht mehr – aber sie sich an mich. Und das war ein seltsames, fast rührendes Gefühl. Wie eine alte Familie, die einen nicht vergessen hat, selbst wenn man sie innerlich ein bisschen verdrängt hat.

Und dann kam der große Moment: Die Einschreibung.
Ich war nervös, mein Kopf voller Stimmen und Eindrücke – und in diesem Zustand…
…hab ich meinen eigenen Namen falsch auf das Namensschild geschrieben.

Was soll ich sagen? Ich bin 41.
Die einen nennen’s „Vergesslichkeit“, ich nenne es „frühes Alzheimer light – aber nur für unwichtige Details wie den eigenen Namen“.
Vielleicht wollte mein Unterbewusstsein einfach anonym bleiben. Mission erfüllt.

Nähe und Überforderung – beides darf sein

Das erste Meeting begann. Ich saß da – innerlich bewegt, aber ruhig.
Ich fühlte mich verbunden. Gleichzeitig aber auch überfordert.
So viele Menschen. So viele Geschichten.
So viele Spiegel, die mir etwas zeigen wollten, während ich selbst gerade nicht wusste, wo ich stehe.

Nach etwa fünf Stunden merkte ich: Es reicht.

Nicht im negativen Sinn. Es war einfach genug. Für heute.
Also bin ich früher als geplant wieder nach Hause gefahren – mit einem Rucksack voller Gedanken.

Ein Tag, der bleibt

Auch wenn ich nur einen Tag geblieben bin:
Er war genau richtig. In dieser Zeit voller innerer Unruhe, Zweifel, Sehnsucht und Suche war dieser Tag in Dresden ein Schritt in die Freiheit.
Ein Schritt, der mir gezeigt hat: Ich bin nicht allein.

Und auch wenn ich manchmal stolpere, vergesse, zweifle – ich gehe weiter.

Schritt für Schritt.