Bitte beachtet, dass es sich bei unseren Beiträgen nicht um offizielle NA-Literatur handelt, sondern die Artikel nur die persönliche Meinung und Erfahrungen der NA-Mitglieder widerspiegeln, welche die Artikel schreiben.
Neulich ergab sich in unserem Meeting das Thema „Was ist der NA-Weg?“.
Wie nicht anders zu erwarten, gab es eine Menge Meinungsverschiedenheiten dazu.
Nein, es gab keinen Streit, sondern das ist ganz im Wortsinn gemeint: Meinungs-Verschiedenheiten.
Und diese Meinungsverschiedenheiten kenne ich, seit ich NA kenne, was mittlerweile schon seit Jahrzehnten der Fall ist. Ich vermute sogar, dass es sie seit Anbeginn der Zeit gibt, spätestens aber seit die Traditionen formuliert wurden. Denn sonst wäre die erste Tradition gar nicht nötig:
Unser gemeinsames Wohlergehen sollte an erster Stelle stehen; die Genesung der einzelnen beruht auf der Einigkeit NAs.
Da gibt es die Mitglieder, die Spiritualität ganz in den Vordergrund stellen. Andere, denen nüchterner Pragmatismus viel wichtiger ist. Die Mitglieder, welchen es hilft, die Schritte ins Allerkleinste nach Leitfaden aufzuschreiben, und andere, die die Schritte lieber im Leben umsetzen, ohne viel zu schreiben. Manche haben Sponsor oder Sponsorin, andere sprechen lieber im Meeting.
Tatsächlich glaube ich daran, dass es so viele NA-Wege gibt, wie NA Mitglieder hat.
Bzw. genau genommen sogar noch viel mehr. Denn aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich meine Ansichten im Lauf der Jahre häufig geändert haben.
Am Anfang meiner Cleanzeit war es mir sehr wichtig, die Schritte vor allem im praktischen Leben umzusetzen. Natürlich waren mir die ersten 3 Schritte schon von Anfang an sehr wichtig, aber danach kam für mich direkt der 10. Schritt: „Wir setzten die persönliche Inventur fort, und wenn wir Fehler machten, gaben wir sie sofort zu.“ – ohne vorher überhaupt nur einen 4. Schritt, eine „offizielle“ Inventur gemacht zu haben. Das war für mich geradezu überlebenswichtig, denn die Scham und Schuld, die ich angesichts meiner vielen Fehler empfand, versuchte immer wieder, mich in Richtung aktiver Sucht zu treiben. Stattdessen konnte ich endlich mal die Fehler eingestehen und um Verzeihung bitten.
Auch einen Sponsor hatte ich nicht, sprach aber sehr häufig mit anderen vertrauten Mitgliedern über unser Leben und das Programm.
Heute, nach vielen Jahren clean ist das etwas anders.
Mein Sponsor und meine Sponsees sind mir sehr wichtig und geben mir sehr viel. Und meine Schritte schreibe ich ganz pingelig nach Leitfaden – und staune ob der Tiefe und der neuen Erkenntnisse, die ich daraus gewinnen kann.
Was uns meinem Verständnis nach verbindet, ist, dass wir NA brauchen, um clean leben zu können, und genau das sagt die 1. Tradition. Und auch die anderen Traditionen schützen uns – das aber weiter auszuführen, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen.
Das am Anfang genannte Meeting war übrigens wunderbar, ich habe mich sehr wohl gefühlt mit all diesen verschiedenen Meinungen – und ich vermute, auch den anderen Teilnehmern und Teilnehmerinnen ging es da ähnlich. Und es war auch sehr interessant, ihnen zuzuhören. Ich lerne immer wieder neues dadurch.
Die Bande, die uns zusammenhielten, waren viel stärker als das, was uns trennt.